Einen Weihnachtsmann?
Dass es einen Weihnachtsmann geben soll, ist ja wohl eine der liebsten Lügen, die man uns Kindern aufzutischen versuchte. Es muss doch jedem klar sein, dass eine derartige zeitraubende Arbeit, selbst in Anbetracht der Zeitverschiebung auf Mutter Erde nicht von einer Person bewerkstelligt werden kann.
Nein, nein, nein, nein!
Aufgedeckt wurde dieser Schwindel durch einen dummen Zufall, bei dem nämlich herauskam, dass mindestens eintausend Weihnachtsmänner am heiligen Abend beschäftigt sind.
Dies kam zutage, als von der Logistikabteilung der N & R Company – was soviel heißt wie Nikolaus und Rentier Gesellschaft – aus dem nordsüdlichen Lappland ein Auftrag an die Zipfelmützenfabrik Heinzelmann und CO KG erging, in dem man bat, eintausend neue superwarme Zipfelmützen herzustellen. Kein Problem für derartige Fachkräfte.
So fertigte man Schnittmuster an und nähte Tag und Nacht. Die Krempe wurde angepasst und das weiche Futter eingelegt.
Es verblieben noch sieben Tage bis Heilig Abend einschließlich der Auslieferung zum Weihnachtsdorf. Noch schnell einen Qualitätskontrollcheck: die Nähte, alle dicht und doppelt; die weiße Krempe, perfekt; das Futter, flauschig warm; der Zipfel, der Zipfel, wo ist der Zipfel? Das darf doch nicht wahr sein, die Mützen hatten keine Zipfel. In der Eile hatte man doch glatt vergessen, die Bommel anzunähen.
Diese lagen unbeachtet in einem großen Bastkorb, der mit Stoffresten zugedeckt war. Aber was war eine Zipfelmütze ohne Zipfel? Und das in einer Zipfelmützenspezialfabrik? Rasch sendete man an alle Wichtel, Zwerge und Heinzelmännchen Europas Hilferufe aus und flog die abkömmlichen Helfer mit den Weihnachtsrentiergespannen ein.
So ein Treiben hatte es im Weihnachtsdorf noch nie gegeben, pausenlos starteten Rentierkutschen, um freiwillige Helfer zur Zipfelmützenfabrik zu fliegen und auf dem Rückweg bezipfelte Zipfelmützen zurück zu befördern.
Was an Mützen eintraf wurde gleich an die wartenden Weihnachtsmänner ausgeteilt, ungeachtet der Mützengröße. So konnte man wenigstens schon zu den Kindern aufbrechen, die am weitesten entfernt wohnten.
Die älteren Kinder werden sich vielleicht noch an den Abend erinnern, an dem man so endlos lange auf die Bescherung warten musste und dann ein etwas komisch aussehender Weihnachtsmann erschien, dessen Bommelmütze entweder zu tief ins Gesicht bis über die Nase rutschte oder gerade mal so als Häubchen allzu wackelig auf dem Kopf thronte. Ganz schön blöd sah damals der Weihnachtsmann aus.
Aber er hatte nun mal die Mütze aufzusetzen, die gerade fertig war, ob sie ihm passte oder nicht.
Kein Wunder dass sich dieser Vorfall schnell unter den Kindern herumsprach. Auch einschlägigen Fachkreisen blieb dieses Missgeschick in der Zipfelmützenfabrik Heinzelmann und Co KG nicht verborgen.
So weiß seit diesem Zeitpunkt jedes Kind, dass es nicht einen, sondern mindestens eintausend Weihnachtsmänner gibt.